Interview: Nora Dickmann       Foto: www.Slawik.com 

Knochenzysten sind Hohlräume in Knochen, die unbehandelt zu starker Lahmheit führen können. Dr. Martin Waselau, Fachtierarzt für Pferdechirurgie und Leiter der Pferdeklinik Aschheim, erklärt, wie diese Zysten entstehen und wie sie behandelt werden

Was sind Knochenzysten?

Unter Knochenzysten versteht man hohlraumartige Defekte im Knochengewebe. Oftmals befinden sich diese Zysten in Gelenknähe. Generell unterscheidet man zwei verschiedene Arten von Zysten: gelenkferne und -nahe. Letztere nennt man auch subchondrale Knochenzysten (SKZ). Diese können – müssen aber nicht – über eine unterschiedlich große Öffnung direkt mit dem Gelenk verbunden sein. Ist das entstandene „Loch“ in der Gelenkoberfläche groß, kann es zu schwerer Lahmheit führen.

Welche Ursache gibt es für Knochenzysten?

Die Ursachen sind multifaktoriell, führen aber meist zu Durchblutungsstörung im subchondralen Fohlenknochen. Hier unterscheidet man zwei Szenarien: Es kann sein, dass aufgrund dieser Fehldurchblutung der Knochen an dieser Stelle gar nicht weiter aufgebaut, oder sogar abgebaut wird. Die klassische Zyste ist entstanden. Oder der Gelenkknorpel und die darunterliegenden Knochen bleiben aufgrund mangelnder Nährstoffversorgung nicht gleichmäßig miteinander verbunden mit sekundärer Abstoßung von Knochen- oder Knorpelfragmenten, auch bekannt als „Chips“. Egal welche Form letztendlich auftritt, sie werden beide als eine Form der Osteochondrosis (OC) verstanden. Vor allem schnell wachsende Pferde sind wegen überhastetem Knochenwachstum häufiger von Zysten betroffen. Auch eine sehr energiereiche Fütterung kann das schnelle Wachstum und damit auch die Knochenzystenbildung begünstigen.

Manchmal bilden sich solche Zysten aber auch als Folge von Infektionen. Hier wird der Knochen ab-, aber nicht mehr neu aufgebaut. Ein Hohlraum entsteht. Verletzen sich die Tiere am Gelenkknorpel oder an dem darunter liegenden Gewebe, wird Gelenkflüssigkeit in das Knochengewebe gedrückt. Hier kann ebenfalls eine subchondrale Knochenzyste entstehen oder eine sich bereits vorhandene ausdehnen. Man spricht bei einem solchen Vorgang von der Hydrauliktheorie.

Welche Symptome zeigt das Pferd bei einer solchen Erkrankung? Knochenzysten lassen sich nicht immer gleich erkennen. Die Symptome sind tückisch, denn Pferde lahmen bei dieser Erkrankung nicht sofort, oftmals wechselnd. Der Grad der Lahmheit bei Zysten hängt auch davon ab, wie nah sich diese am Gelenk selbst befindet. Je nach Größe drücken Knochenzysten auf benachbarte Knochen oder Gelenke und lösen leichte bis starke Schmerzen aus. Typisches Anzeichen für eine solche Erkrankung ist eine immer wiederkehrende Lahmheit. Diese verschlimmert sich meist bei steigender Belastung, da dann vermehrt Gelenkflüssigkeit in die Zyste gedrückt wird und der Druck im Knochen schmerzhaft ist. Auch Schonhaltungen und Entlastung des betroffenen Beins können erste Anzeichen sein.

Wie stellt der Tierarzt die Diagnose?

Knochenzysten zu diagnostizieren, ist gar nicht so einfach. Nach einer Lahmheitsuntersuchung mittels Beugeprobe kann man mit Röntgen, CT oder mit dem MRT solche Zysten erkennen. Beim Röntgen sieht man die Zyste leider nicht immer, da circa 50 Prozent Veränderung der Knochendichte gegeben sein muss. Röntgen führt also nicht zwangsläufig zu einer Diagnose, ist aber meist der erste Schritt. Danach folgen MRT und CT. Hier wird oftmals die gesamte Ausdehnung erst richtig ersichtlich. Es kommt natürlich auch darauf an, wie groß die Zyste zum Zeitpunkt der Untersuchung sind. Je größer sie ist, desto größer auch die Chance, sie zu erkennen.

Wie sieht die Behandlung von Knochenzysten beim Pferd aus?

Das ist unterschiedlich. Heute unterscheidet man zwei Methoden: Man kann eine konservative Therapie anwenden und Entzündungshemmer in das Gelenk injizieren, sofern eine Kommunikation der Zyste zum Gelenkspalt besteht. Oder man therapiert sie chirurgisch. Früher wurden die Zysten ausgeschabt, das macht man heute aber nicht mehr, da diese Methode oftmals zur weiteren Aushöhlung führte. Heutzutage werden sie primär mittels transkortikalen Knochenschrauben versorgt. Diese Schrauben erfüllen dann zwei Aufgaben: Sie stabilisieren den ausgehöhlten Knochen und verhindern eine weitere Ausdehnung der Zyste. Zudem wirken sie stimulierend auf die Knochenneubildung – und -füllung. Durch diese Eindämmung der Aushöhlung hat das Pferd weniger Schmerzen. Nach der Operation ist eine mehrwöchige Pause notwendig, gefolgt von einem schonenden Aufbautraining.

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