Text: Aline Müller Foto: www.Slawik.com
Manche Wissenschaftler halten das menschliche Gehirn für das komplexeste Gebilde des Universums. Auch im Reitsport wird die Funktion dieses einzigartigen Organs immer häufiger thematisiert. Wenn wir die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede zwischen dem Gehirn des Menschen und dem des Pferdes kennen, können wir die Kommunikation verbessern und ein ganz neues Verständnis schaffen
Auch wenn Gehirne im Laufe der Evolution durchgängig größer geworden sind, ist deren Funktion – sowohl beim Pferd als auch beim Menschen – sehr viel mehr durch die neuronalen Verknüpfungen bedingt als durch die absolute Größe. Dabei kann jedes
Neuron, abhängig vom Typ, mit bis zu 10.000 anderen Neuronen in Verbindung stehen. Diese Verbindungen sind daher auch das Geheimnis hinter Wahrnehmung, Lernen, Emotionen und Handlungen des Pferdes.
Das menschliche Gehirn …
- ist etwa anderthalb Kilogramm schwer,
- besteht zu 75 Prozent aus Wasser,
- ist etwa 11 Zentimeter hoch, 15 Zentimeter breit und 18 Zentimeter lang,
- sitzt eher waagerecht im Schädel,
- besteht aus etwa 100 Milliarden Neuronen und
- weist in einigen Regionen ein sehr dichtes Gewebe auf.
- Die verdichteten Bereiche lassen sich von den unverdichteten teilweise schon mit
bloßem Auge unterscheiden.
Das Gehirn des Pferdes …
• hat ungefähr das Volumen einer Grapefruit,
• wiegt ungefähr 600 Gramm, • hat eine längliche und etwas zusammengedrückte Form,
• ist ungefähr 10 Zentimeter hoch, 10 Zentimeter breit und 15 Zentimeter lang,
• zeigt an der Vorderseite ungefähr 45 Grad nach unten und
• besteht aus etwas über einer Milliarde Neuronen.
Von schnellen Pferden und langsamen Menschen
Bei drohender Gefahr hat das Pferd eine feste Überlebensstrategie: Flucht. Dabei denkt es nicht lange nach. Im Pferdegehirn haben sich dazu feste Verbindungen zwischen Wahrnehmung und Aktion etabliert.
Nimmt das Pferd etwas Gefährliches wahr, wird ein Signal vom Auge in den Bereich des Gehirns geleitet, der optische Eindrücke verarbeitet. Sofort geht von hier aus ein Signal in den Bereich des Gehirns, der die Motorik kontrolliert, und das Pferd bekommt sozusagen das Kommando, zu fliehen. „Die Bereiche des Gehirns, die hierfür verantwortlich sind, liegen im sogenannten Cortex, in der Großhirnrinde. All das geschieht unbewusst“, erklärt Janet L. Jones. Wahrnehmung und Handlung im menschlichen Gehirn sind allerdings anders verknüpft. Wenn wir etwas sehen, wird die optische Information über den Sehnerv vom Auge in den visuellen Cortex im hinteren Bereich unseres Gehirns transportiert. Die Information wandert von hier aus relativ langsam auf leicht verschlungenen Pfaden durch das Gehirn zum Präfrontalcortex, dem Bereich gleich hinter unserer Stirn. Nun erfolgt zunächst eine unbewusste Analyse. Unser Gehirn untersucht sozusagen, was wir sehen und ob wir es schon einmal gesehen haben, und schließlich auch, was wir machen sollen beziehungsweise welche Handlung die beste ist und warum. In der Regel suchen wir nach der Handlungsvariante, die in der Vergangenheit am besten funktioniert hat. Die eigentliche Handlung wird allerdings erst vergleichsweise spät gestartet. Unser Pferd ist uns in der Reizverarbeitung und Reaktion also einige Pferdelängen voraus.
Den gesamten Artikel finden Sie in der aktuellen Mein Pferd-Ausgabe.