Interview: Nora Dickmann Foto: Shutterstock/ Napat
Zecken findet man immer wieder am Pferd. Das ist nicht ungefährlich, weil diese kleinen Tierchen Krankheiten wie Borreliose übertragen. Tierärztin Dr. Veronika Klein (www.kernkompetenz-pferd.de) erklärt, was es mit dieser Krankheit auf sich hat und wie man im Fall der Fälle mit einer Infektion umgehen sollte
Was ist eine Borreliose?
Borreliose ist eine bakterielle Infektion mit Borrelien. Bakterien namens „Borrelia burgdorferi“ lösen sie aus. Diese werden von Zecken übertragen, denn diese haben den Erreger im Darm. Sobald die Zecke Blut saugt, vermehrt sich der Erreger und wird mobil. Auf der Oberfläche bilden sich neue Proteine, die sich während der Infektion hoch- oder herunterregulieren. Sitzt eine Zecke mindestens 24 Stunden auf dem Pferd, machen sich die Borrelien auf den Weg in die Speicheldrüse der Zecke und von dort in den Wirt. Ist der Erreger einmal in das Blut und in das Gewebe des Pferdes gelangt, antwortet das Tier mit Antikörpern.
Welche Anzeichen gibt es für diese Erkrankung?
Der Befall mit Borrelien löst beim Pferd nicht automatisch eine Krankheit mit Symptomen aus. Viele Pferde sind seropositiv, das heißt, sie haben Antikörper im Blut, zeigen aber keine Symptome. Borrelien können sich im Herzmuskel, im Nervengewebe oder in den Gelenken ansiedeln. Typische Symptome gibt es jedoch nicht, darum ist es schwierig, diese Krankheit zu identifizieren. Wie beim Menschen würde man nach der Infektion eine Rötung der Haut sehen, bei Fell ist das fast unmöglich. Verteilt sich der Erreger im Pferd, kann er sehr unspezifische Symptome auslösen. Fieber, Lahmheiten, entzündete Hautveränderungen, Gelenkschwellungen, aber auch Augenerkrankungen oder neurologische Symptome wie Ataxien können Anzeichen sein. Meist wird Borreliose in solchen Fällen nicht erkannt, denn für diese Symptome gibt es weit häufigere Ursachen als eine Borreliose-Infektion. Daher sollte eine ausführliche Diagnostik durchgeführt werden. Pferde mit einem guten Immunsystem können die Bakterien vollständig eliminieren und werden dementsprechend nicht krank.
Wie wird Borreliose diagnostiziert?
Eine Diagnose ist gar nicht so einfach. Sie setzt sich aus verschiedenen Testergebnissen und klinischen Untersuchungen zusammen. Antigene aus dem Gewebe können kultiviert werden. Der häufigste Schritt ist jedoch der Antikörpertest im Blut, der allerdings nicht ausreichend ist für eine sichere Diagnose! Ist die Infektion aber noch sehr frisch, ist dieser Test negativ, da sich die Antikörper erst nach fünf bis sechs Wochen ausbilden. Der Test kann auch negativ sein, wenn sich der Erreger beispielsweise im Auge versteckt. Daher schließt ein negativer Test eine Infektion nicht unbedingt aus. Ein positiver Test sagt dagegen nichts darüber aus, ob die Infektion gerade aktiv ist oder ob das Tier jemals erkranken wird. Mittlerweile wird auch das Vorhandensein verschiedener Oberflächenproteine untersucht, sodass man den Verlauf einer Borreliose besser einschätzen kann. Eine gepaarte Untersuchung im Abstand von mehreren Wochen ist hier von Vorteil, da man den Verlauf damit deutlich besser beurteilen kann. Dann gibt es noch die Möglichkeit, die Borrelien direkt nachzuweisen. Also nicht die Reaktion des Körpers mit Antikörpern, sondern wirklich das Bakterium selber. Dazu benötigt man Gewebe, in dem sich die Bakterien gerade befinden. In der Diagnostik werden dazu Haut, Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit oder Gelenkflüssigkeit verwendet. Auch das ist meist schwierig und wenig praktikabel. Hier sollte meiner Meinung nach vor allem der Risiko-Nutzen-Faktor dieser Diagnostik sehr kritisch betrachtet werden.
Wie sieht die Therapie aus?
Ist man sich sicher, dass das Pferd an Borreliose erkrankt ist, beginnt eine Antibiotika-Gabe. Bei Borrelien ist eine lange und konsequente Gabe notwendig. Verstecken sich die Borrelien im Gewebe, reichen Antibiotika nicht immer aus. Die Infektion bleibt bestehen und kann später wieder aufflammen. Auch Entzündungshemmer, Akupunktur und Phytotherapie können die Symptome verbessern. Mittlerweile kann man Pferde impfen lassen. Es gilt jedoch noch nicht als Standard und wird für bereits infizierte Tiere im Moment nicht empfohlen. Auf jeden Fall ist eine tägliche mechanische Entfernung der Zecken sinnvoll, da Borrelien meist erst nach 18 bis 24 Stunden übertragen werden.
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