Text: Aline Müller            Foto: imago images/Frank Sorge

Putzen, aufhalftern und auftrensen – all das ist bei einem kopfscheuen Pferd schwierig. Warum sich ein Pferd nicht am Kopf anfassen lässt, kann diverse Gründe haben. Häufig kann das Problem mit einem individuellen, passenden Training behoben werden. In manchen Fällen ist jedoch auch eine tierärztliche oder osteopathische Behandlung nötig

Bei Don fing alles recht harmlos an: Im vergangenen Jahr kam der sechsjährige Hannoveraner in einen neuen Stall. Nach zwei Wochen drehte er plötzlich den Kopf weg und hob ihn ein Stück an, wenn seine Besitzerin ihn aufhalftern wollte. „Bei einem Stockmaß von 1,78 Metern reichen bereits ein paar Zentimeter aus, und ich habe keine Chance mehr“, erinnert sich Sabrina Lister und fügt hinzu: „Anfangs nahm ich das Ganze nicht ernst und dachte es sei einfach die Pubertät. Doch mit der Zeit wurde es immer schlimmer.“ Aus dem Wegdrehen des Kopfes wurde ein heftiges Wegreißen, und Don erklärte nicht mehr nur Halfter und Trense zu seinem Feind, sondern ließ sich schließlich auch nicht mehr am Kopf berühren. Bei Sabrina stellte sich Verzweiflung ein: „Eigentlich ist Don ein ruhiger Typ. Er liebt es, geputzt und gekrault zu werden. Als er auch noch anfing, unter dem Sattel mit dem Kopf zu schlagen, war für mich der Punkt erreicht, mir Hilfe zu suchen“, sagt die junge Reiterin.

Aus Angst Reißaus nehmen

Wie so häufig im Umgang mit Pferden ist es auch bei kopfscheuen Vierbeinern wichtig, nach möglichen Ursachen zu suchen. Manche Pferde werden kopfscheu, weil sie etwas Traumatisches erlebt haben. Für andere sind Berührungen am Kopf aufgrund von Schmerzen, zum Beispiel durch Erkrankungen oder eine unpassende Ausrüstung, kaum zu ertragen. Doch auch ein unsachgemäßer Umgang kann zu Kopfscheuheit führen, wie es bei Don der Fall war: „Eine Osteopathin stellte fest, dass er Verspannungen im Bereich des Genicks hatte“, erklärt seine Besitzerin. Schließlich kam heraus, dass der Weide-Führdienst am neuen Stall nicht gerade sanft mit dem großen Wallach umgegangen ist. „Don war es nicht gewohnt, mit anderen Pferden zur Weide gebracht zu werden, und muss sich mehrmals aus Angst vor dem starken Zug am Halfter losgerissen haben“, so Sabrina. Nach mehreren osteopathischen Behandlungen und Training am Boden sowie an der Longe besserte sich das Kopfschlagen. Doch beim Aufhalftern zeigte sich Don weiter skeptisch und kopfscheu. Zwar waren die Symptome nicht mehr so stark wie vorher, jedoch immer noch zu heftig, um sie zu ignorieren. „Nachdem ich von meinem Tierarzt und meiner Osteopathin grünes Licht bekommen hatte, begann ich, gezielt an Dons Kopfscheuheit zu arbeiten“, erzählt Sabrina. Anfangs standen vor allem Basis-Übungen wie das Senken des Kopfes ohne Zwang auf dem Programm.

Zeit als entscheidender Faktor

Ein Trauma lässt sich nicht an einem Tag überwinden. Da Don sowohl Halfter als auch Trense mit Schmerzen verknüpft hatte, musste er sein Schmerzgedächtnis überwinden und lernen, neues Vertrauen zu fassen. Geübt wurde in kurzen Einheiten und immer in einer positiven, ruhigen Trainingsatmosphäre. Da Don vor allem in der Box ängstlich reagierte, verlegte seine Besitzerin das Training in die Longierhalle. Sie berichtet: „Mir war es nicht wichtig, Don schnellstmöglich wieder mit Trense reiten zu können, vielmehr war ich froh über jeden kleinen Erfolg. Nach ein paar Tagen ließ er sich von mir schon wieder am Kopf anfassen.“ Von da an ging es nur noch bergauf: Zunächst lernte der Wallach lediglich, seine Nase in ein leichtes Halfter zu stecken, ohne es über die Ohren gezogen zu bekommen. Im nächsten Schritt wurde das Aufhalftern ohne Anbinden oder Führen geübt. Die letzte Herausforderung war der Weg zur Weide. Auch hier bereitete Sabrina das Training behutsam vor, um neue schlechte Erfahrungen zu vermeiden. Heute sagt sie: „Im Nachhinein habe ich mir Vorwürfe gemacht, dass ich nicht eher etwas bemerkt habe. Andererseits zeigt Dons Geschichte, wie wichtig es ist, die Signale seines Pferdes ernst zu nehmen und das Rehabilitationstraining individuell zu gestalten.“

Den kompletten Artikel finden Sie in der August-Ausgabe der Mein Pferd.

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