Text: Aline Müller Foto: Maresa Mader
Pferde nach Verletzungen wieder anzutrainieren kann eine Herausforderung sein. Mit einer gezielten Trainingstherapie und der klassischen Reitlehre mit ihrem Schatz an Übungen gelingt es, Probleme zu beheben und neue, gesunde Bewegungsmuster am Boden oder vom Sattel aus zu etablieren
Entspannt steht Romi in der Mitte der Reithalle. Sie schnaubt und beobachtet einen Vogel, der auf der Bande entlanghüpft. Die Sonne scheint durch das Fenster, und die Besitzerin der heute fünfjährigen Friesenstute ist überglücklich. „Ich hätte nicht gedacht, dass Romi es schafft und ich sie wieder reiten kann. Mir war nicht klar, wie entscheidend ein syste- matisches Training zur Rehabilitation sein kann.“ Vor anderthalb Jahren kam die junge Stute nach einem Weideunfall umgehend in die Pferdeklinik. Aufgrund schwerer Sehnenschäden und Befunden im Bereich der Hals- sowie Lendenwirbelsäule wurde zunächst strenge Boxenruhe verordnet. Zu diesem Zeitpunkt war Romis Zukunft als Reitpferd mehr als unsicher.
Den richtigen Weg finden
Nach dem Ende der Boxenruhe begann die nächste schwierige Phase. „Ich hatte zwar einen genauen Trainingsplan von meinem Tierarzt erhalten, jedoch ging Romi einen Tag klar und lahmte dann plötzlich wieder leicht“, sagt ihre Besitzerin und fügt hin- zu: „Auch für mich war das eine extreme psychische Belastung. Ich möchte immer nur das Beste für mein Pferd, aber irgend- wann wusste ich einfach nicht mehr, was wirklich das Beste ist.“ Pferde nach einer Verletzung beziehungsweise Boxenruhe wieder anzutrainieren ist nicht immer ein- fach. Geschieht dies ohne sinnvollen Plan, ist es möglich, dass Pferd und Reiter bereits nach kurzer Zeit wieder vor ähnlichen oder sogar neuen Problemen stehen, von falsch etablierten Bewegungsmustern über Schmerzen bis hin zu Rückfällen. „Pferde, die eine Erkrankung oder Verletzung über- standen haben, bewegen sich oft weiterhin klamm oder unwillig bis hin zu geringgradig lahm. Dieses Phänomen führt oft dazu, dass das Pferd noch mehr geschont wird“, schreiben Katharina Möller und Claudia Weingand in ihrem Buch „Trainingstherapie“. Sie haben sich intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und zeigen Wege auf, wie Bewegung als Therapie funktioniert und wie die Rehabilitation mit Plan bei unterschiedlichen Krankheitsbildern gelingt.
Voraussetzungen und Ressourcen
Grundlage für eine zielgerichtete Trainings- therapie ist eine vorherige Befunderhebung und Diagnose. Je nach Erkrankung be- ziehungsweise Auffälligkeit kann das eine tierärztliche Diagnose oder aber auch ein Befund des Osteopathen sein. Im Ideal- fall sollte alles schriftlich vorliegen, damit nicht nur der Besitzer Bescheid weiß, son- dern auch andere Personen, die mit oder an dem Pferd arbeiten, wie Trainer oder alternative Therapeuten. So werden zudem Missverständnisse durch die mündliche Weitergabe verhindert. „Nicht nur zur Aus- wahl der passenden Trainingsmaßnahmen, sondern auch, wenn später der Verlauf der Erkrankung, die Erfolge der Behandlung und des Trainings kontrolliert werden sollen, sind schriftliche Befunde Gold wert“, betonen unsere Expertinnen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die vorhandenen Ressourcen. So nutzt es nichts, Mensch und Pferd ein Training zu empfehlen, das in der Praxis nicht umsetzbar ist. Zunächst wären da die logistischen Trainingsmöglichkeiten, die zur Verfügung stehen. Friesenstute Romi musste zum Beispiel eine gewisse Zeit lang auf geradem, hartem Boden Schritt gehen. Im alten Stall wäre das nicht möglich gewesen, da alle Wege entweder eine Steigung aufwiesen oder zu rutschig waren. Oft spielt auch das Wetter eine Rolle bei der Beschaffenheit der Böden.
Den kompletten Artikel finden Sie in der aktuellen Mein Pferd.