Text: Inga Dora Meyer Foto: www.Slawik.com
Gelingt etwas nicht wie gewünscht, wird der Fehler häufig beim Pferd gesucht. Dabei ist der Mensch das klügere Wesen. Richtet er seinen Blick bewusst auf das eigene Handeln, kann er das Reiten und den Umgang mit dem Vierbeiner verbessern. Wie das gelingt, zeigen die Ausbilderinnen Babette Teschen und Tania Konnerth
Wenn es scheinbar keine Lösung für ein Problem gibt, dann kann uns die Selbstreflexion aus der Patsche helfen. Sie fungiert quasi als Stopptaste. Das Karussell, das sich immer nur im Kreis dreht, macht Pause. Die Gedanken können sich neu ordnen. Der Mensch hat Zeit, sein Denken, Fühlen und Handeln zu analysieren und zu hinterfragen mit dem Ziel, mehr über sich selbst herauszufinden.
Wer ist schuld?
Biologisch betrachtet ist sie die Fähigkeit des Menschen, verschiedene neuronale Muster im Nervensystem zu entwickeln und diese miteinander abzugleichen. Ähnlich wie in der Physik richten wir in diesem Prozess das Licht auf uns selbst und erhalten in der Rückspiegelung Informationen über uns. Genau das kann auch dem Reiter im Umgang mit dem Pferd und beim Reiten helfen, sind sich die Ausbilderinnen Babette Teschen und Tania Konnerth aus Niedersachsen sicher.
„Wir bekommen viele Mails, in denen wir gefragt werden, wie man es schaffen kann, das jeweilige Pferd zu ändern. So wird gefragt, wie ein Pferd entspannter, respektvoller oder offener, wie es motivierter, gelassener oder freundlicher wird. Am liebsten möchten wir dann zurückfragen: Bist du entspannt, wenn du bei deinem Pferd bist? Bist du respektvoll zu ihm? Bist du wirklich offen? Bist du motiviert? Bist du gelassen? Bist du freundlich?“, schreiben sie in ihrem Online-Kurs „Mit dem Herzen voran“. Kürzt das Pferd die Ecken ab, geht es keine runden Volten oder ist es im Tempo zu schnell oder zu langsam, wird meist dem Vierbeiner die Schuld dafür gegeben. Der Reiter überlegt zuerst, wie er das Verhalten seines Pferdes korrigieren könnte. „Das ist ein Grundproblem beim Reiten und liegt unserer Einschätzung nach darin, dass wir Menschen dazu neigen, immer zu glauben, im Recht zu sein. Wir fühlen uns, manchmal sehr bewusst, oft aber tatsächlich ohne groß darüber nachzudenken, anderen Wesen überlegen und suchen deshalb den Fehler meist bei ihnen und nicht bei uns“, bemängeln die beiden.
Kritisch hinterfragen
Es geht den Ausbilderinnen aber nicht darum, Reitern für dieses so häufige Verhalten Schuldgefühle aufzuerlegen oder ein schlechtes Gewissen zu machen. Nein, sie möchten ihnen nur bewusst machen, was sie eigentlich genau tun oder eben auch nicht tun, wenn sie reiten, welche Auswirkungen das hat und wie sie ihr Handeln gegebenenfalls ändern können. „Wir sollten bereit und fähig zur Selbstreflexion und zum kritischen Hinterfragen sein. Die Fähigkeit, das eigene Tun immer wieder mit etwas Abstand zu betrachten und zu überprüfen, ist aus unserer Sicht unerlässlich, wenn wir pferdefreundlich handeln wollen. Wir müssen verstehen, dass wir mit dem gewählten Weg, auf dem wir unsere Ziele zu erreichen versuchen, das Problem verursachen“, sagen die Ausbilderinnen.
Was aber ist der Haken dabei? Die Selbstreflexion bringt den Menschen ziemlich schnell an schmerzhafte Punkte, die er oft nur ungern anerkennen möchte. „Beim Sichten alter Fotos und Videos ist uns selbst sehr bewusst geworden, dass wir in der Rückschau so manches, was wir zu dem jeweiligen Zeitpunkt für richtig hielten, heute ganz anders beurteilen würden. Sich das einzugestehen ist nicht einfach, denn damit muss man vor sich selbst auch zugeben, weniger pferdefreundlich gehandelt zu haben, als man es vorhatte oder auch von sich dachte. Und das zwiebelt.“
Den kompletten Artikel finden Sie in der aktuellen Mein Pferd-Ausgabe