Text: Nora Dickmann     Foto: HUF Spedition Juist 

Keine Motorengeräusche, sondern Hufgetrappel und Pferde, so weit das Auge blickt – so sieht das Leben auf der ostfriesischen Insel Juist aus. Hier haben die Pferde das Sagen, denn die Insel ist autofrei. Sie ersetzenjeglichemotorisierten Straßenteilnehmer. Nur die Autos der zwei Ärzte, die Feuerwehrwagen sowie die Krankenwagen und DLRG-Rettungsfahrzeuge sind auf der Insel erlaubt. Güterverkehr, Personenverkehr, Müllabfuhr und alles anderewird hier mit dem Pferdefuhrwerk gemeistert.

Juist, die 17 Kilometer lange ostfriesische Insel, zeichnet sich durch ihre extreme Ruhe aus. Sie liegt in der Nordsee zwischen Norderney und Borkum sowie bei der Vogelinsel Memmert. Nur 500 bis 1.200 Meter breit, tideabhängig, autofrei und vor allem mit dem schönsten Sandstrand der Ostfriesischen Inseln, kommen Urlauber hier voll auf ihre Kosten. Steht man auf höheren Dünen, beispielsweise beim Meerwasserbad, kann man den Blick vom Nordseestrand bis zur Wattseite schleifen lassen und somit die volle Breite der Insel sehen. Bei Ebbe kann man dann auch das UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer entdecken und bestaunen. Besonders gerne wird die schmalste der Ostfriesischen Inseln mit dem Fahrrad oder eben mit der Kutsche erkundet. Denn hier haben die Pferde das Sagen. Sie befördern nicht nur Personen in den Kutschen, sondern auch Lebensmittel, Möbel und andere Güter, die auf der Insel von A nach B gebracht werden müssen. Auch die Müllabfuhr wird von einem Pferdefuhrwerk gezogen. Nur die beiden Inselärzte, die Feuerwehr, die DLRG und die Krankenwagen sind motorisierte Straßenteilnehmer. Selbst die Polizei ist hier auf dem Fahrrad unterwegs.

Die Geschichte der Pferde

Töwerland? Richtig, das Wort stammt aus dem Friesischen und bedeutet „Zauberland“. 1398 erstmals erwähnt, entwickelt sich Juist zu einem Gästeparadies. Zweimalig wird ein Seebad auf der Insel begründet, eine Inselbahn und später ein Hafen werden gebaut, um der steigenden Gästeanzahl gerecht zu werden. Aber auch die steigende Anzahl der Pferde ist urkundlich erwähnt. 1530 werden erstmals Wildpferde auf der Insel entdeckt, rund fünfzig Jahre später züchtet der Graf von Ostfriesland auf der Insel seine Tiere. Heute leben etwa 100 Pferde auf der kleinen Insel und beherrschen von dort aus den Alltag der Bewohner und auch der Gäste.

Die Bewohner sind dazu verpflichtet, die Hinterlassenschaften der Tiere von der Straße zu fegen sowie den Kutschen Platz zu machen und sich an die Vorfahrtsregeln zu halten. Somit werden Unfälle zwischen Zwei- und Vierbeinern vermieden. Auch wenn die meisten Insulaner das Fahrrad nutzen, um schnell von A nach B zu kommen, sind die Kutschen doch ein weiteres touristisches Highlight. 
So schön das Leben auf der ostfriesischen Insel Juist auch klingt, es bringt auch einige Herausforderungen mit sich. Nadja Tschovikov von der Juister Spedition HUF weiß, wovon sie spricht: „Da wir auf einer Insel sind, muss alles – Pferde, Futter, Einstreu – per Frachter auf die Insel gebracht und mit den Pferden zum Stall gebracht werden. Und es gibt natürlich nie genug Platz, um alles zu lagern; Abstell- und Lagerflächen sind auf einer Insel ein seltener Luxus. Wir finden es auch schwer, Arbeitspferde zu finden: Pferde, die für die körperlich und geistig anspruchsvolle Arbeit bei uns geeignet sind, werden ganz selten noch gezüchtet und noch seltener gehandelt.“ Auch sei es schwierig, das richtige Personal zu finden. Nicht jeder kann und möchte sich auf das Leben auf der kleinen Insel einlassen. „Das ganze Jahr über bei jedem Wetter draußen zu arbeiten liegt auch nicht jedem. Oft haben Bewerber eine romantisierte Vorstellung von der Arbeit mit Pferden und sind von der Realität enttäuscht, denn auch hier ist das Leben kein Ponyhof“, so die Mitarbeiterin der Spedition. Außerdem steigen die Ansprüche an die Mitarbeiter ständig, weshalb das Juister Unternehmen seit 2020 Ausbildungsbetrieb für den Kutschenführerschein B ist. Dabei holt sich die Spedition Hilfe von Festland. „Man kann bei uns auch als Quereinsteiger ohne Vorkenntnisse anfangen und die Qualifikationen hier nachholen, das ist aber langwierig und aufwendig“, betont Nadja Tschovikov.

Die Aufgaben der Pferde 



Auf Juist übernehmen die Pferde alle Aufgaben, die sonst am Festland von Autos oder Lkws ausgeführt werden. Die Spedition HUF erzählt: „Als 2014 der bis dahin einzige Spediteur auf Juist ankündigte, dass er nicht mehr mit Pferdefuhrwerken weitermachen wollte, stand die Inselversorgung mit Pferdegespannen auf der Kippe. Sollte Juist auf E-Karren umsteigen oder Pferdeinsel bleiben? Wir glauben, dass der Einsatz der Arbeitspferde im Alltag, so selten sie heute auch geworden sind, ein unschätzbares Kulturgut darstellt und unbedingt erhalten bleiben muss!“

… den kompletten Artikel finden Sie in der Ausgabe 10/2020.

#doitride-Newsletter   Sei dabei und unterstütze die #doitride-Kampagne! Mit unserem Newsletter verpasst Du keine Neuigkeiten rund um #doitride. Jetzt aktivieren!