Text: Alexandra Koch Foto: www.Slawik.com
Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung, Geraderichten und Versammlung sind die sechs Phasen der Ausbildung, welche die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) als Grundlage für gutes Reiten benennt. Ihre Ursprünge liegen in Richtlinien, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts veröffentlicht wurden. Die Versammlung ist im Grunde der Höhepunkt der Skala der Ausbildung. Dennoch ist sie nur ein weiterer Schritt. Mit dem Erreichen ist der Ausbilder mit seinem Pferd noch lange nicht am Ende. Die Skala der Ausbildung bedeutet lebenslanges Lernen und Üben. Doch zunächst einmal gilt es, sich auch zu erfreuen an allem, was man bislang gemeinsam mit dem Partner Pferd erreicht hat.
Versammlung – Was bedeutet das? In den Richtlinien der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) wurde eine klare Beschreibung festgelegt. „Von Versammlung spricht man, wenn ein Pferd sich mit näher herangeschlossener Hinterhand und stärker angewinkelten Gelenken der Hinterbeine ausbalancieren kann, sich leichtfüßig und energisch bewegt und sich daraus in Selbsthaltung erhabener trägt.“ Eine gute Beschreibung, wie es aussehen soll – doch was genau steckt dahinter? Olympiasiegerin Ingrid Klimke stellt es auf folgende Weise etwas genauer dar: „Unter der Versammlung versteht man die vermehrte Lastaufnahme des eigenen und des Reitergewichtes durch eine stärkere Winkelung der drei großen Gelenke der Hinterhand des Pferdes, nämlich des Hüftgelenks, des Kniegelenks und des Sprunggelenks. Das sind die berühmten Hanken, von denen wir oft schon gehört haben, bevor wir auch nur annähernd wissen, was Versammlung bedeutet.“ Die Reitmeisterin erläutert außerdem, dass der Weg dorthin vor allem über eine regelmäßige Gymnastizierung des jungen Pferdes abläuft. So entwickelt sich die Muskulatur, die das Pferd in die Lage versetzt, sich hinten mehr zu „setzen“. Sie beginnt die Arbeit an der Versammlung des jungen Pferdes nach etwa einem Jahr Grundausbildung unter dem Sattel.
Zusammenspiel von Versammlung und Aufrichtung
Die Ausbilderin Sabine Ellinger arbeitet stets daran, bei ihren Pferden sowohl eine gute Versammlung als auch Aufrichtung zu erreichen. Beides ist wichtig, um ein sicher an den Hilfen stehendes Pferd zu bekommen. „Da der Rücken die Bewegungszentrale des Pferdekörpers ist, sollte dieser bei allen Lektionen weder festgehalten sein noch passiv durchhängen. Wird eine Aufrichtung mit der Hand, zum Beispiel durch Aufwärtsparaden, beeinflusst, folgt daraus ein spektakuläreres Vorderbein, was manche Reiter anstreben. Es hat aber auch zur Folge, dass der Rücken absinkt und die Hinterhand nicht mehr optimal untertreten kann. Dadurch entstehen gespannte Tritte sowie ein nach vorn abkippendes Becken. Eine korrekte Versammlung ist auf diese Art und Weise nicht möglich.“ Die Versammlungsfähigkeit bestimmt den Grad der Aufrichtung, erklärt die Ausbilderin: „Übungen, um die Hankenbeugung und damit Versammlung und Aufrichtung zu trainieren, sind zum Beispiel halbe und ganze Paraden, Zulegen und Einfangen, Außengalopp, Arbeit an der Hand, den Zirkel verkleinern und vieles mehr. Bei der Arbeit an der Hand ist das Trainieren der Piaffe eine gute Übung, um die Aufrichtung und Versammlung zu fördern.“
Die höheren Klassen
„Es gibt Pferde, die schon sehr jung mit vier oder fünf Jahren aus einem ganz natürlichen Impuls heraus den Galopp fliegend wechseln können. Natürlich ist es schön, wenn solch ein Talent bereits vorhanden ist. Doch es ist nicht die Regel. Das sind fast immer Pferde, die von Natur aus bergauf konstruiert und mit einem sicheren Dreitakt versehen sind“, erläutert Ellinger. „Andere Pferde gelangen selbst beim Freilaufen gerne bei einem Richtungswechsel in den Kreuzgalopp oder springen gar nicht um. Diese Pferde benötigen ein vorhergehendes Training, um sie gut auf der Hinterhand zu haben. Erst danach sollte der Wechsel geübt werden, da hier ein bloßes Umspringenlassen nicht sehr erfolgversprechend ist. Je besser das Pferd sich versammeln lässt und einfache Wechsel Galopp-Schritt-Galopp sicher zu reiten sind, desto leichter kann das Pferd den Galopp korrekt wechseln. Auch hier gilt wieder: Die Qualität des Galoppsprungs muss erhalten bleiben. Ein Bergauf gesprungener Wechsel kann nur aus einer gesenkten Hinterhand heraus geritten werden.“
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