Text: Inga Dora Schwarzer            Foto: Dusan Kostic/stock.adobe.com

Jedes Pferd ist von Natur aus vorderlastig und trägt sein Hauptgewicht auf der Vorhand. Das ist solange kein Problem für den Vierbeiner, bis der Reiter ins Spiel kommt. Wenn aus der natürlichen Vorderlastigkeit eine unnatürliche Vorhandlastigkeit unter dem Sattel wird, hat das Folgen.

Das Pferd ist ein Fluchttier. Um energiesparend vor Gefahren flüchten zu können, benötigt es eine hohe Reaktionsfähigkeit und Geschwindigkeit. Dazu dient ihm die natürliche Vorderlastigkeit. Und das steckt hinter dem überlebenswichtigen Prinzip: Die Vorhand des Pferdes, die aus Kopf, Hals, Schulter, Vorderbeinen, Widerrist, Rumpf, Brustkorb und einem Großteil der inneren Organe besteht, bringt ein erhebliches Gewicht mit sich und wiegt mehr als die Hinterhand. „Der Schwerpunkt des Pferdes liegt daher nicht, wie viele vermuten, in der Körpermitte, sondern vermehrt im vorderen Teil des Körpers. Reagiert das Pferd mit einem Fluchtreflex, verlagert es instinktiv noch mehr Gewicht auf die Vorhand. Dadurch kann es noch schneller flüchten“, erklärt Marion Voß aus Emden (Niedersachsen), The Gentle Touch®-Trainerin und zertifizierte Schiefentherapeutin nach Klaus Schöneich und Gabriele Rachen-Schöneich.

Verschiedene Zuchtziele

Wie viel Hauptgewicht ein Pferd auf seiner Vorhand trägt, ist rassetypisch unterschiedlich und von seinem Exterieur abhängig. Ein tief angesetzter Hals, eine steile Schulter, gerade und nach hinten heraus gestellte Hinterbeine mit einer geringen Winkelung der Hinterhand, aber auch eine überbaute Kruppe verstärken die Vorderlastigkeit. Diese Gebäudemerkmale zeigen oft Pferde, die im Typ des Vollbluts oder Kaltbluts stehen. „Kalt- und Vollblüter sind daher von Natur aus vorderlastiger als andere Rassen. Die einen sind gezüchtet worden, um lange Strecken in einem hohen Tempo zu laufen, die anderen, um schwere Kutschen und Wagen zu ziehen. Darin sind sie richtig gut. Sie tun sich aber schwer damit, ihr Gewicht auf die Hinterhand zu verschieben“, so die Expertin.

Egal, ob Distanz-, Renn-, Dressur-, Spring- oder Zugpferd, oft sieht man den Tieren an, dass sie auf eine bestimmte Disziplin spezialisiert sind. „Das Zuchtziel für einen Warmblüter, der für die Dressur bestimmt ist, heißt: biegungsfähig, geschmeidig, schwingend, durchlässig, in einer balancierten Selbsthaltung laufend mit einer leichten Vorhand und einer tragfähigen Hinterhand“, sagt Voß. Hier hat es der Reiter per se leichter, die Gewichtsverteilung positiv zu beeinflussen. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel: „They win in all shapes“ (Sie gewinnen in allen Formen) heißt es häufig. Dass nicht nur das Gebäude ausschlaggebend für die Vorderlastigkeit ist, beweisen zahlreiche Vierbeiner im Freizeitbereich und Spitzensport immer wieder. Auch, wenn sie vielleicht nicht zu 100 Prozent dem Dressurpferd-Ideal entsprechen, können sie doch bis zu einem gewissen Grad lernen, mehr Last mit der Hinterhand aufzunehmen. „Die Vorhandlastigkeit hat nämlich nicht nur je nach Exterieur und Rasse unterschiedliche Ausprägungen, auch der Charakter und die psychische Verfassung spielen eine wesentliche Rolle dabei“, merkt Voß an.

Ist ein Pferd aufgeregt, überfordert, verspannt und deshalb nicht im Gleichgewicht, kann es trotz eines guten Exterieurs stark vorderlastig sein, weil es sich in einem Fluchtmodus befindet. Ebenso können die natürliche Schiefe, Blockaden, eine falsche Hufstellung, Reiterfehler und unpassende Ausrüstungsgegenstände (Trense und Sattel) weitere mögliche Ursachen für das Problem darstellen.

Aus dem Gleichgewicht

Aber warum ist die natürliche Vorderlastigkeit eigentlich ein Problem, wo doch die Natur dieses Prinzip für die Pferde vorgesehen hat? „Die Vorderlastigkeit ist kein Problem für das Pferd, solange es nicht geritten wird. Erst durch den Reiter wird sie zu einem. Er verstärkt die Vorderlastigkeit einerseits, da er dicht hinter dem Widerrist sitzt und damit noch mehr Gewicht auf die Vorhand bringt. Andererseits beeinflusst er die Statik des Tieres durch seine Sitzbewegungen, da er seine Senkrechte in die Waagerechte des Pferdes bringt. Er kippt sein Becken nach vorne und hinten, belastet die linke oder rechte Gesäßhälfte, lehnt sich it dem Oberkörper nach vorne und nach hinten. Durch seine Körperhebel hat er wie bei einer Waage viele verschiedene Möglichkeiten, auf die Gewichtsverteilung einzuwirken – negativ wie positiv“, sagt Voß.

…den ganzen Artikel finden Sie in der Juni-Ausgabe.

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