Text: Alexandra Koch           Foto: www.Slawik.com

Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung, Geraderichten und Versammlung sind die sechs Phasen der Ausbildung, welche die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) als Grundlage für gutes Reiten benennt. Ihre Ursprünge liegen in Richtlinien, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts veröffentlicht wurden.

Nun geht es bereits ans Eingemachte. Die Grundlagen wurden vermittelt, mit dem Geraderichten steht der vorletzte Punkt der Skala im Fokus. Beidseitig geschmeidig und gerade soll sich das Pferd bewegen, so erklärt es die FN. Doch jedes Pferd hat eine natürliche Schiefe. Wir werfen mit Experten einen Blick auf die Finessen beim Geraderichten und nähern uns nun bereits mit großen Schritten der Vollendung der Grundausbildung des jungen Pferdes. Teil fünf unserer Serie.

Grundlegendes zum Geraderichten

Wie alle sechs Punkte der Skala der Ausbildung ist auch die Geraderichtung ein maßgeblicher Faktor bei der Entwicklung des Gleichgewichtes. Zusätzlich wirkt sie sich zusammen mit Anlehnung, Schwung und der nachfolgenden Versammlung auf die Entwicklung der Durchlässigkeit aus. Die FN führt in ihren „Richtlinien für Reiten und Fahren“ aus: „Die Geraderichtung wird definiert als Prozess, der darauf ausgerichtet ist, sowohl auf gerader als auch auf gebogener Linie die Anpassung der Körperlängsachse des Pferdes und der Fußung der Vorder- und Hinterhufe auf einer Hufschlaglinie zu erreichen. Dieser Prozess führt zur Entwicklung einer beidseitig gleichmäßigen Muskulatur.“

Kein Pferd ist symmetrisch

Von Natur aus ist kein Pferd komplett symmetrisch ausgerichtet. Die Ausprägung der sogenannten „natürlichen Schiefe“ kann von Geburt an unterschiedlich sein. Das Ziel bei der Geraderichtung ist es, jene natürliche Schiefe auszugleichen und beide Seiten des Pferdes gleichermaßen „geschmeidig zu gymnastizieren“, wie es bei der FN heißt. Olympiasiegerin und Reitmeisterin Ingrid Klimke betont, dass fast alle Pferde am Anfang ihrer Ausbildung damit Schwierigkeiten haben, geradeaus zu gehen. Das ist nicht anders als beim Menschen, wo es eben Rechts- und Linkshänder gibt. Eine Seite ist auch beim Pferd stärker ausgeprägt. „Die meisten Pferde sind von hinten rechts nach vorne links schief“, erklärt Klimke. „Das bedeutet, dass der rechte Hinterfuß nicht in die Spur des rechten Vorderhufes tritt. Er tritt stattdessen rechts daneben, wie man sehr schön sehen kann, wenn man einmal die Hufspuren im Sand betrachtet.“ Mit dem rechten Hinterbein sind Pferde daher nicht in gleichem Maße fähig, Schub zu entwickeln wie mit dem linken Hinterbein. Das linke Vorderbein wird durch diese Tatsache deutlich mehr belastet. Dies gilt es, über die Zeit der Ausbildung hinweg so gut wie möglich auszugleichen.

Nun könnte manch einer meinen, dass dies alles ja halb so schlimm sei und es sich wie mit den Rechts- und Linkshändern verhält. Dabei gibt es aber ein entscheidendes Problem. Die Schiefe beeinflusst den kompletten Bewegungsapparat und Pferdekörper. Daher muss immer das Ziel sein, sie so weit wie möglich auszugleichen. „Die gleichmäßige Belastung aller Beine ist für die Erhaltung der Gesundheit und die Qualität der Lektionen unerlässlich“, so Klimke weiter. Denn wird nur eine Seite belastet, wird dies langfristig Muskeln, Bändern, Sehnen und Gelenken schaden. Dem vorzeitigen Verschleiß bestimmter Körperpartien kann durch die gleichmäßige Belastung effektiv vorgebeugt werden.

Richtig ausrichten

Das Ziel muss immer sein, dass das Pferd sich sowohl auf der geraden als auch auf der gebogenen Linie ausbalanciert mit Hinter- und Vorhand auf einer Spur bewegt. Man kann auch sagen, dass es sich „hufschlagdeckend“ bewegt. Ingrid Klimke merkt an, dass es vor allem darauf ankommt, die Rippenpartien auf beiden Seiten durch entsprechendes Training gleichmäßig geschmeidig zu halten und die Muskelpartien auf beiden Seiten gleichmäßig auszubilden. „Die beiden Hinterbeine sollten schließlich auf der gleichen Linie fußen wie die gleichseitigen Vorderbeine“, so die Europameisterin des Jahres 2019.

…den kompletten Artikel finden Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 6/2020.

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