Text: Jana Herrmann Foto: Jacques Toffi
Die Grundlage der Masterson Methode ist ziemlich simpel: Auf menschliche Berührung erfolgt eine neurologische Reaktion beim Pferd. Aber wie viel Druck muss dabei tatsächlich ausgeübt werden? Und wie zeigt das Pferd an, wenn sich Verspannungen lösen?
Wie feinfühlig Pferde sind, lässt sich schon allein daran erkennen, dass sie selbst auf das kleinste Insekt mit einem Zucken reagieren. Es liegt in ihrer Natur als Flucht- und Beutetier, dass sie alle äußeren Reize hochempfindlich wahrnehmen, um vor Gefahr fliehen zu können. Da die Flucht als domestiziertes Reitpferd natürlich in den meisten Fällen spätestens am Koppelzaun endet, hat sich das Pferd eine zweite Überlebensreaktion angeeignet. Wenn es kein Entkommen gibt, versteift es sich innerlich und äußerlich gegen den Eindringling, das Unbehagen oder den Schmerz – ganz nach dem Motto, keine Schwäche zeigen, um nicht als potenzielles Beutetier oder als schwächstes Glied der Herde ausgesondert zu werden. Auf die Masterson Methode übertragen bedeutet das, sich stets unterhalb der (Schmerz-)Schwelle zu bewegen, die eine Abwehrreaktion bzw. Widerstand beim Pferd auslösen würde. Nur dann gelingt es, auf das parasympathische Nervensystem (PNS) zuzugreifen. Dies erlaubt es dem Pferd, tieferliegende und bisher versteckte Spannungen (Restriktionen) in Muskeln, Bindegewebe und Strukturen anzuzeigen und loszulassen. Das PNS arbeitet übrigens auch bei uns Menschen auf Hochtouren, wenn wir es uns auf dem Sofa gemütlich machen und Körper sowie Kopf „runterfahren“.
Anders als bei traditionelle Massagen, wird bei der Masterson Methode also nicht der Muskel direkt mit den Händen bearbeitet und „mechanisch“ gelockert, sondern es geht deutlich subtiler zu. Zweiter wichtiger Aspekt ist es daher, die Reaktionen des Pferdes richtig deuten zu können. Genau wie für uns Menschen gilt: Jedes Pferd ist ein Individuum und reagiert entsprechend unterschiedlich auf die Masterson Methode. „Nordische Pferde, wie etwa Isländer und Fjordpferde, sind dabei meist am stoischsten“, berichtet Walter Saxe aus Erfahrung. Andersherum könnte man auch sagen, dass diese robusten Pferderassen noch stärker darauf bedacht sind, keine Schwäche zu zeigen. Auch bei den 400 bis 500 Pferden, die Walter Saxe bisher behandelt hat, konnte er große Unterschiede ausmachen: „Es gibt Pferde, die beispielsweise ihr Gähnen so lange versteckt haben, bis sie wieder allein in der Box standen. Erst wenn sie sich nicht mehr beobachtet fühlten, konnten sie vollends loslassen.“ Deswegen ist es auch wichtig, dem Pferd während der Massage immer wieder Zeit zum nachdenken zu geben und kurze Pausen einzulegen. Je mehr es sich auf die Behandlung einlässt, umso bereitwilliger wird es Spannungen loslassen und die entsprechenden Reaktionen zeigen. Dieser Prozess ist es auch, der das Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Pferd immens vertiefen kann.
…den kompletten Artikel zur Masterson Methode – inklusive erster Techniken zum Ausprobieren – finden Sie in der Ausgabe 5/2020.