Text: Alexandra Koch Foto: www.slawik.com
Manch einem erscheint getreidefreie Fütterung wie ein Trend, der sich in den vergangenen Jahren zusehends manifestiert hat. Doch fördert eine derartige Fütterungspraxis tatsächlich die Gesunderhaltung des Pferdes?Welche Alternativen gibt es zu Getreide? Wir blicken mit Experten auf die Fakten rund um eine gesunde Fütterung.
Zunächst einmal müssen immer wieder die Fakten betont werden, die keinem Pferdehalter neu sein sollten. Dennoch wird die gegenwärtige Fütterungspraxis immer wieder in andere Richtungen verlagert. Daher sei es hier erneut betont: Die mit Abstand wichtigste Komponente der Pferdefütterung ist das Raufutter. Es sollte mindesten 70, besser 80 Prozent, kann aber je nach Nutzung des Tieres auch bis zu 100 Prozent des Futters ausmachen.
„Jede Futterration sollte so raufutterlastig wie möglich ausfallen“, betont die Tiermedizinerin und selbstständige Fütterungsexpertin Dr. Julia Mack aus Ohlstadt, die über viele Jahre hinweg für das Haupt- und Landgestüt Schwaiganger tätig und dort für die Fütterung der Vierbeiner verantwortlich war. „Ich betone immer wieder, dass dies für die Magen- und Darmgesundheit beim Pferd das A und O ist. Durch Raufutter – ich empfehle Heu, ruhig in Kombination mit etwas Stroh – wird die Fressdauer verlängert, was ich immer sehr empfehle. Pferde sollten nie länger als vier Stunden komplett ohne Futter sein. Das würde ihrer Natur widersprechen. Wildpferde sind fast den ganzen Tag auf Futtersuche – jeweils in geringen Mengen – unterwegs, worauf die Verdauung des Pferdes evolutionär auch ausgelegt wurde. Zudem regt Raufutter den Speichelfluss an und wirkt durch das Kauen stressdämpfend und beruhigend. Das haben Studien mittlerweile bestätigen können.“ Wenn das Pferd zu Übergewicht neigt, empfiehlt die Tierärztin, durch engmaschige Netze die Fressgeschwindigkeit zu reduzieren. Tierärztin Dr. Dorothe Meyer, ebenfalls Expertin für Fütterungsfragen, bestätigt: „Evolutionär ist das Pferd auf eine energiearme und rohfaserreiche Nahrung ausgelegt.“ Allerdings wird dabei noch nicht die moderne Nutzung des Pferdes im Sport berücksichtigt. Denn eine hundertprozentige Raufutternahrung eignen sich nur für Pferde im Erhaltungsstoffwechsel bzw. wenn sie wenig und nur freizeitmäßig geritten würden, erklärt Dr. Julia Mack. Die individuell abgestimmte Futterration richte sich immer nach Alter, Rasse, Haltungsform und sportlicher Beanspruchung des Pferdes. Als Mindestmenge gilt 1,5 Prozent des Körpergewichts des Pferdes als Raufuttertrockenmasse pro Tag.
Ist Getreide noch zeitgemäß?
In den vergangenen Jahren hat sich die Praxis etabliert, dass sich getreidefreie Fütterung als Lösung für jedes gesundheitliche Problem anbieten soll. Immer häufiger entdeckt man auf Futtermischungen im Handel den Vermerkt „getreidefrei“. Kann jedoch ein sportlich stark beanspruchtes Pferd tatsächlich ohne die Fütterung von Getreide auskommen? Dr. Manfred Coenen, emeritierter Professor für Tierernährung an der Universität Leipzig und Autor eines Klassikers der Pferdekunde-Fachliteratur („Pferdefütterung, Enke, 5. Auflage 2014), beschreibt, dass er erhöhten Energiebedarf zunächst durch eine erhöhte Raufuttergabe abdecken würde. „Der Energiebedarf für leichte bis mittlere Arbeit ist über qualitativ hochwertiges Heu sehr gut abzudecken. Es lohnt sich, die Heuqualität über eine Analyse ausfindig zu machen. Diese ist relativ kostengünstig und vor allem in größeren Betrieben sehr empfehlenswert. Wenn die Pferde im Leistungssport unterwegs sind, empfehle ich, Heu mit einem erhöhten Energiegehalt zu wählen.“
Hätte man im Jahre 1950 einen Bauern gefragt hätte, ob er seinem Pferd Hafer füttert, hätte er es – sofern die Möglichkeit dazu vorhanden – sicherlich mit einem „Ja“ beantwortet. Damals, als das Pferd in der Landwirtschaft unerlässlicher Partner war, als es dort Schwerstarbeit erledigen musste. Da gab man dem „Fritz“ schon mal eine Extraportion Getreide. Etabliert hat sich dessen Fütterung in exakt diesem Zeitraum der körperlichen Schwerstarbeit von Pferden vor und bis kurz nach den Weltkriegen. „Energie, die über den Erhaltungsbedarf hinaus benötigt wird, kann auch heute noch aus Kraftfutter kommen“, erklärt Dr. Julia Mack. „Die meisten Pferde werden jedoch nur noch leicht gearbeitet und brauchen eigentlich gar kein Kraftfutter, wie es in vergangenen Zeiten der Fall war.“
Sie empfiehlt zusätzlich ein für die Ergänzung einer Heuration geeignetes Mineralfutter. Durch eine Heuanalyse sollte zunächst geklärt werden, welche Mineralstoffe beim Pferd im Grundfutter in zu geringem Maße vorhanden sind. „Das entspricht der natürlichen Verdauungsphysiologie des Pferdes deutlich besser und hat den Vorteil, dass das Pferd über einen längeren Zeitraum Futter aufnehmen kann, weil die Aufnahme von Raufutter sehr viel länger dauert als die von der gleichen Energiemenge Kraftfutter.“
Wenn jedoch Getreide gefüttert wird, dann weist Hafer die beste Dünndarmverdaulichkeit auf. Denn gerät zu viel Stärke aus dem Getreide in den Dickdarm, verändert sich dort die Darmflora, und die Entgiftungsorgane, vornehmlich Leber und Nieren, können belastet werden. Auch sind hier Fehlgärungen möglich, und das Risiko für Koliken oder auch durch die Störung des Stoffwechsels verursachte Hufrehe steigt.
Im Vergleich zu anderen Getreidesorten wird Hafer zu etwa 85 bis zu 90 Prozent im Dünndarm verdaut, was ihm gegenüber Gerste (30 Prozent) und Mais (40 Prozent) einen klaren Vorteil einbringt. Für Gerste und Mais gilt, dass diese unbedingt thermisch oder mechanisch aufgeschlossen werden sollten, bevor sie verfüttert werden. Roggen und Weizen belasten die Verdauung noch um ein Vielfaches mehr und sind deshalb in der Pferdefütterung vollkommen fehl am Platz.
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