Text: Aline Müller        Foto: Peter Kreinberg

Timing, Takt und taktile Reizsetzung, diese drei fundamentalen Begriffe sind für den Ausbilder Peter Kreinberg wichtige Grundlagen seiner Arbeit mit Pferden und Pferdemenschen. Unter dem Namen „The Gentle Touch“ sind sie zu einer Lehr- und Lernmethode zusammengefasst, die auch Freizeitreiterinnen und Freizeitreitern leicht vermittelbar ist.

Pferde lernen nicht vom Druck, sondern vom Loslassen“, betont Peter Kreinberg. Diese wichtige Erkenntnis zieht sich durch seine gesamte Arbeit. Gutes Timing sei auch Voraussetzung für eine feine und gefühlvolle Einwirkung. „Nur so werden aus Signalen echte Hilfen, also solche Einwirkungen, die nicht nur Richtung und Tempo vermitteln sollen, sondern die auch Haltung und die Art der Bewegung fördern und unterstützen“, sagt der Experte. Ohne gutes Timing können Signale oder Einwirkungen das Pferd irritieren und stören. Deshalb ist es Peter Kreinberg wichtig, in der Schulung des Reiters die Bedeutung einer klaren Signalgebung in Bezug auf die Verständigung zu vermitteln. Ein bessere Harmonie in der Bewegung zwischen Schülern und Pferden stellt sich erst ein, wenn das Timing stimmt – sowohl bei der Bodenarbeit als auch beim Reiten.

Im richtigen Moment korrigieren

„Gutes Timing ist auch bei der Korrektur von Fehlverhaltensweisen notwendig, denn die Probleme von Pferden sind in der Regel menschengemacht“, gibt Peter Kreinberg zu bedenken. Dabei bedeutet Korrektur, Konflikten nicht aus dem Wege zu gehen, sondern sie in angemessener Weise nach und nach aufzulösen. Das braucht Zeit, Übung und Geduld. „In diesem Kontext verstehe ich es auch als gutes Timing zu wissen, wann ich mich nicht provozieren lasse, also eben nicht auf jeden kleinen Fehler reagiere“, so der erfahrene Ausbilder. Dennoch gibt es bei der Korrektur auch Situationen, in denen es wichtig ist, beharrlich zu bleiben, wenn ein Fehlverhalten des Pferdes geändert werden soll. „Ganz gleich, ob wir über Standardausbildung oder Korrektur sprechen, ich muss vor allem wissen, wann ich aufhören muss“, erklärt unser Experte. Letztlich sei gutes Timing auch noch beim Konditionstraining wichtig, wenn es um Kraft und Ausdauerverbesserung gehe. Nur geringfügige Überforderungen, also zu viel zu lange, können zu schmerzhaften Muskelreaktionen führen und damit die Motivation oder die Gesundheit des Pferdes maßgeblich beeinträchtigen.

Gut abgestimmte Signale und Impulse

Bei der Bodenarbeit spielt das Timing eine ebenso wichtige Rolle wie beim guten, einfühlsamen Reiten. Im falschen Moment gegebene Signale oder Einwirkungen können zwar vom Pferd in ihrer Bedeutung verstanden und umgesetzt werden, sie stören beziehungsweise behindern jedoch in der Regel den Bewegungsfluss. Infolgedessen werden die Bewegungen, Manöver oder Lektionen vom Pferde ungenau, spannig oder verspätet und manchmal auch widerwillig ausgeführt. „Der Fehler liegt dann beim Menschen, nicht beim Pferd“, betont Peter Kreinberg und fügt hinzu: „Bei gutem Timing macht das Pferd die Erfahrung, dass es Unterstützung oder Hilfestellung bei der Ausführung seiner Bewegungen erfährt, und wird vertrauensvoller, losgelassener und williger mitmachen.“ So ist es zum Beispiel bei der Arbeit mit dem Leitseil wichtig, stets mit Impulsen zu arbeiten und nicht mit konstantem Zug am Seil. Neben der Intensität der Signalgebung kommt es darauf an, im Rhythmus mit dem Pferd Kontaktdruck aufzubauen und nachzugeben. „Noch wichtiger wird es bei der Arbeit an der Hand mit Trense und Touchiergerte“, sagt unser Experte. „Sowohl die Impulse im Maul oder bei Nasenzäumungen auf die Nase wie auch die Berührungen mit der Gerte müssen genau auf Rhythmus, Takt und Beintätigkeit abgestimmt sein, damit sie das Pferd nicht stören und irritieren.“

Das Ampelprinzip

„Als Ausbilder, der seit 40 Jahren zahlreiche Pferd-Reiter-Paare geschult hat, ist mein Blick natürlich geschärft, aber auch ein Laie kann schon mit etwas Übung seinen Blick schulen und erkennen, wann das Timing nicht stimmt“, sagt Peter Kreinberg. Gestörte Harmonie in der Bewegung oder ein mangelnder Bewegungsfluss zeigt sich am Gesamteindruck und lässt unter anderem ein falsches Timing vermuten. Wer dann genauer hinschaut, wird wahrscheinlich Störungen im Takt erkennen. „Bei weiterer genauer Betrachtung kommen immer mehr Details hinzu“, erklärt der Ausbilder. So werde das Pferd am Boden oder unter dem Sattel häufig mit Einwirkungen ohne Vorwarnung oder Vorbereitung „überfallen“. Peter Kreinberg hat zum besseren Verständnis dazu den Begriff des „Ampelprinzips“ geprägt. Das bedeutet, dass vor einer Aktion oder Einwirkung des Menschen zunächst eine Kontaktaufnahme zum Pferd aus einer passiven Grundhaltung heraus erfolgen sollte. Erst dann kann in angemessener und differenzierter Form zum Beispiel ein Impuls am Halfter oder ein Zügel- beziehungsweise Schenkeldruck gegeben werden. Die passive Grundhaltung ist sozusagen die Grünphase, die auch als „Standby“ bezeichnet wird. Die Kontaktaufnahme fällt unter die Gelbphase oder „Achtung“ und aktive Impulse sowie Einwirkungen gehören zur Rotphase, auch „Ausführung“ genannt „Wer so seine Hilfengebung ordnet, wird selten ein verspanntes Pferd haben“, sagt Peter Kreinberg. „Auch dieses Konzept ordne ich dem Bereich ‚gutes Timing‘ zu.“

…den kompletten Artikel mit vielen praktischen Übungen finden Sie in der Oktober-Ausgabe der Mein Pferd.

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