Text: Nicole Audrit     Foto: Nadine Haase – stock.adobe.com

Heilkräuter haben eine jahrhundertealte Tradition und können insbesondere gezielt zur Stärkung des Organismus und zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte eingesetzt werden. Tierärztin Cäcilia Brendieck-Worm (www.phyto-fokus.deerklärt, welche Kräuter sich für welche Krankheitsbilder eignen.

Ein Fenchel-Anis-Kümmel-Tee lindert die Beschwerden vieler Menschen bei Verdauungsproblemen, bei einer Erkältung wird meist ein Kamillen- oder Pfefferminz-Tee empfohlen. Kräuter können nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Pferden unterstützend wirken. „Heilkräuter können bei Beschwerden in vielen Bereichen eingesetzt werden: So regt Löwenzahn die Verdauung an, der Sonnenhut stärkt das Immunsystem und Mariendistel unterstützt die Leber – es gibt eine lange Liste an positiven Auswirkungen“, erklärt Dr. Cäcilia Brendieck-Worm, Tierärztin mit Spezialisierung auf die Phytotherapie.

Natürlichste Behandlungsform

Kräuter sind von jeher ein natürlicher Bestandteil der Nahrung von Pferden. Es liegt in der Natur des Pferdes, dass es sich nicht nur von einer Gräsersorte ernährt. Vielmehr stehen verschiedene frische und getrocknete Gräser, eine Vielfalt an saisonalen Kräutern sowie Laub und Rinde von Sträuchern und Bäumen auf seinem Speiseplan. In den meisten modernen Haltungsformen sieht man in der Praxis jedoch Hochleistungswiesen mit einer geringen Artenvielfalt an Gräsern und Kräutern. Durch die Übersäuerung der Böden infolge phosphorhaltigen Düngers und das frühe und häufige Mähen sind die Artenvielfalt und der Anteil der Kräuter auf den Weiden generell stark zurückgegangen. Dadurch nehmen Pferde beim Weidegang nur wenig Kräuter auf. Die gezielte, bedarfsgerechte Zufütterung von Kräutern kann durchaus sinnvoll sein und sowohl die Verdauung, das Immunsystem und den Stoffwechsel unterstützen. Auch zur Linderung von Erkrankungen, beispielsweise im Bereich der Atemwege oder des Bewegungsapparats, können Heilkräuter eine enorme Verbesserung erzielen, erzählt Cäcilia Brendieck-Worm: „Die Phytotherapie hat sich allmählich in meiner täglichen Arbeit als Tierärztin ausgebreitet. Da, wo die üblichen Arzneimittel nicht zufriedenstellend gewirkt haben oder auch nicht vertragen wurden, habe ich begonnen, Arzneipflanzenzubereitungen einzusetzen, und war mit den Erfolgen sehr zufrieden. Einige bewährte Anwendungen kannte ich noch aus meiner Kindheit auf einem kleinbäuerlichen elterlichen Betrieb. Meine Neugier war geweckt, und so begann ich, mich in der Veterinärphytotherapie systematisch weiterzubilden. Da ist mir bewusst geworden, welches Potenzial in den Heilpflanzen steckt.“ Die wildlebenden Vorfahren unserer Pferde nahmen instinktiv die benötigten Kräuter auf. Heutzutage muss der Mensch die Verantwortung für die richtige Heilkräuter-Zusammensetzung übernehmen – am besten mit Hilfe eines Fachmanns.

Keine Wunderheilung erwarten

Heilkräuter enthalten viele wertvolle, sekundäre Pflanzenstoffe, die sich antimikrobiell, zellschützend und vitalisierend auf den Organismus des Pferdes auswirken. Allerdings darf man bei der Gabe von Kräutern keine Wunderheilung über Nacht erwarten – eine mehrwöchige Gabe ist in den meisten Fällen vonnöten. „Und dennoch sollte man die Kraft der Kräuter nicht unterschätzen. Mich haben besonders die Fälle fasziniert, über die es schon eine dicke Krankenakte gab und bei denen es einfach keine gesundheitliche Verbesserung bei dem Patienten gab. Hier die Chance zu bekommen, es ganz anders anzugehen – nämlich auf die Selbstheilungskräfte der Tiere zu setzen, diese mit Heilpflanzen zu unterstützen und dann zu sehen, wie sich langsam eine Besserung einstellt – das hat mich immer wieder beeindruckt“, so Cäcilia Brendieck-Worm. Trotz aller Erfolge darf man auch die Grenzen der Phytotherapie nicht aus den Augen verlieren. Diese eignet sich nicht bei akuten, schwerwiegenden Erkrankungen – jedenfalls nicht als alleinige Therapie. „Hochgradige Schmerzen, schwere Infektionen, Atemnot – alles, was zu schweren Allgemeinstörungen beim Pferd führt, darf nicht allein phytotherapeutisch angegangen werden“, warnt die Tierärztin. „Die Stärke der Phytotherapie liegt in der Gesunderhaltung und in der Unterstützung bei chronisch gewordenen Prozessen. Voraussetzung für das Funktionieren der Phytotherapie sind die Selbstheilungskräfte des Tieres. Sind diese erschöpft, beispielsweise bei einem sehr alten Tier, so wird man mit Phytotherapie nicht mehr viel erreichen können.“

…den gesamten Artikel – inklusive Kräuter-Empfehlungen zu unterschiedlichen Krankheitsbildern – lesen Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 05/2019.

BUCHTIPP

In dem übersichtlichen Ratgeber „Heilkräuter für Pferde –Pferdegesundheit kompakt“ von Ute Ochsenbauer findet der Reiter konkrete Angaben, welches Heilkraut er für das jeweilige Symptom einsetzen kann und welche Anwendungsmethode am schnellsten zum Erfolg führt. Kräuter wirken bei vielen Krankheiten heilend oder lindernd. Sie unterstützen die Selbstheilungskräfte des Körpers und tragen zur schnelleren Genesung des Pferdes bei. Das Buch ist im Kosmos Verlag erschienen und hier für 9,99 Euro erhältlich.

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