Text: Andreas Ackenheil Foto: www.Slawik.com
Kurze Zeit nach dem Kauf eines Pferdes kommt bei manchen Pferdebesitzern die Ernüchterung: Das neu angeschaffte Pferd ist krank und/oder überhaupt nicht für den Zweck einsetzbar, für den es eigentlich angeschafft wurde. Wenn z. B. Das kinderliebe Pony scheut und sich als notorischer Steiger zeigt, was kann man dann tun?
Hat man nach dem ersten Schrecken alles Für und Wider abgewogen, wie z. B. zukünftige vermehrte Tierarztkosten gegenüber der schon aufgebauten Vertrautheit mit dem Pferd, und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen , dass man das Pferd so nicht behalten kann, dann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man sich als Käufer eines sogenannten mangelhaften Pferdes über einen Rücktritt vom Pferdekaufvertrag Gedanken machen muss. Aber Achtung: Bei der Umsetzung des Rücktritts vom Pferdekaufvertrag sind einige Hürden zu nehmen! Selbstverständlich kann man das bockende Pony nicht einfach auf den Anhänger laden und es vor den Stallungen des Verkäufers mit den Worten abladen: „Da hast du es wieder, gib mir mein Geld zurück“. Vielmehr gilt es hierbei einiges zu beachten.
Was versteht man unter dem Rücktritt vom Pferdekaufvertrag?
Unter dem Rücktrittsrecht versteht man die vertragliche und gesetzliche Möglichkeit, von einem bereits geschlossenen Kaufvertrag Abstand zu nehmen. Der Vertrag wird dann rückabgewickelt, und das bereits Empfangene wird an den Verkäufer zurückgegeben. Beim Pferdekaufvertrag gibt der Käufer dementsprechend dem Verkäufer das Pferd zurück und erhält im Gegenzug den bezahlten Kaufpreis wieder. Beide Vertragsparteien werden so gestellt, als hätte nie ein Vertragsschluss stattgefunden. Der Rücktritt muss hierbei ausdrücklich erklärt werden und der anderen Vertragspartei auch zugehen. Oft ranken sich Irrtümer um den Rücktritt, die nachfolgend ausgeräumt werden sollen. Der Rücktritt kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn man als Reitanfänger ein Pferd erworben hat, das als gutmütiges und ruhiges Lehrpferd verkauft wurde, es sich aber herausstellt, dass das Pferd alles andere als anfängergeeignet ist. In diesen Fällen ist die Rückgabe des Pferdes sowohl für Reiter als auch für das Pferd die sicherste und fairste Lösung. Ein Tipp vom Anwalt: Grundsätzlich sollte man bei Problemen mit dem neu erworbenen Pferd zunächst Kontakt mit dem Verkäufer aufnehmen und ihn darüber informieren. Gerade bei einer Erkrankung des Pferdes sollte man dem Verkäufer alle tierärztlichen Befunde und Unterlagen zur Verfügung stellen, damit sich der Verkäufer selbst ein Bild machen kann.
Sachmangel bei einem gekauften Pferd
Unter einem Sachmangel im juristischen Sinne sind z. B. alle Erkrankungen, Mängel im Verhalten des Pferdes, aber auch Ungereimtheiten in den Papieren, der Abstammung und vieles mehr zu verstehen.
Dieser Sachmangel muss schon beim Verkäufer vorliegen oder auf diesen zurückzuführen sein
Zunächst muss das Pferd einen Sachmangel aufweisen, welcher zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, sprich: der Übergabe vom Verkäufer an den Käufer, bereits vorlag. Das ist oftmals im späteren Rechtsstreit der Knackpunkt, über den man sich vortrefflich in den Haaren liegen kann.
Der Käufer muss dem Verkäufer grundsätzlich eine Frist zur Nachbesserung setzen
Was bedeutet das in der Praxis? Sofern ein Sachmangel beim Pferd vorliegt, muss dem Verkäufer die Möglichkeit gegeben werden, den Mangel selbst zu beheben oder beheben zu lassen. Er kann beispielsweise einen neuen Beritt vornehmen, um das Pferd in vertragsgemäßen Zustand zu bringen. Was jedoch, wenn das Pferd dringend medizinisch behandelt werden muss? Wenn der Verkäufer die Nachbesserung nicht selbst vornehmen kann, muss ihm diese Möglichkeit grundsätzlich nicht mehr gegeben werden. Wenn auch der Verkäufer einen Tierarzt beauftragen müsste, geht die Nachbesserung also grundsätzlich fehl. Das bedeutet für den Käufer, dass er eine Nachfrist nicht setzen muss und direkt vom Vertrag zurücktreten kann. In der Praxis sieht es leider häufig so aus, dass, nachdem der Käufer dem Verkäufer die Probleme mit dem neu gekauften Pferd mitgeteilt hat, dieser meist jegliche Verantwortung für den Zustand des Pferdes ablehnt. Dem Käufer bleibt dann häufig nichts anderes übrig, als vom Vertrag zurückzutreten. Vonseiten des Verkäufers muss dieser aber auch nicht für jeglichen Mangel des Pferdes einstehen. Aber Achtung: Ein Wechsel zwischen Rücktritt und Minderung ist nicht möglich. Hat man sich daher zum Rücktritt entschieden, ist diese Entscheidung bindend. Der Käufer kann sich nach dem Rücktritt nicht mehr beim Verkäufer melden und ihm mitteilen, er habe es sich noch mal überlegt, wolle das Pferd jetzt doch nicht mehr zurückgeben und lieber eine Kaufpreisminderung. Man muss sich daher die Entscheidung für einen Rücktritt gut überlegen. Wenn der Verkäufer den Rücktritt ablehnt oder es keine Einigung gibt, muss der Verkäufer seinen Rücktritt gerichtlich durchsetzen.
Was passiert während dieser Zeit mit dem Pferd?
Leider mahlen die Mühlen der Justiz langsam. Bis sich eine Klärung in Streitigkeiten rund um die Rückabwicklung eines Pferdekaufs einstellt, können mitunter mehrere Monate vergehen. Was passiert in dieser Zeit mit dem Pferd? Der Käufer will es nicht behalten, und der Verkäufer will es nicht zurücknehmen. Wer trägt die Kosten der Unterbringung? Und was passiert, wenn das Pferd sich verletzt oder krank wird?
Was kann der Verkäufer tun, wenn das Pferd sich in der Zeit beim Käufer verschlechtert hat?
Gibt der Käufer das Pferd dem Verkäufer in einem schlechteren Zustand zurück, als er es gekauft hat, muss der Käufer dem Verkäufer Wertersatz leisten (§ 346 II S.1 Nr.3 BGB). Zurückerstatteter Kaufpreis und die Wertminderung werden in einem solchen Fall miteinander verrechnet. Dies kann sehr ungerecht für den Käufer sein, denn die Verschlechterung des Pferdes tritt ja oftmals aufgrund des vorherigen vorsätzlichen oder fahrlässigen Verhaltens des Verkäufers ein. Wird ein Pferd zum Beispiel mit einem gesundheitlichen Mangel im Rücken verkauft und kann es beim Pferdekäufer nur als Beistellpferd gehalten werden, sodass es infolge dieses Umstands drastisch Muskulatur abbaut und seine Rittigkeit verliert, wäre es ungerecht, den Käufer deswegen zu belasten. Der Gesetzgeber hat daher einen Interessenausgleich zwischen Verkäufer und Käufer geschaffen. Demnach entfällt die Pflicht des Käufers, Wertersatz zu leisten, sofern der Verkäufer die Verschlechterung oder den Tod des Pferdes zu vertreten hat, der Schaden also auch beim Verkäufer eingetreten wäre.
UNSER EXPERTE: Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferderecht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Online-Portalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht. www.tierrecht-anwalt.de