Text: GEH (Katrin Dorkewitz, Dr. Erwin Schmidbauer) Foto: Frau Hagenberg
Die Ponyzucht hat in Deutschland nur eine vergleichsweise kurze Geschichte. Erst Ende des 19. Jahrhundert wurden verstärkt Kleinpferde aus den Zuchtgebieten des europäischen Auslandes nach Deutschland eingeführt und weitergezüchtet. Eine der wenigen Ausnahmen bildete das Kleinpferd im Merfelder Bruch des Herzogs von Croy bei Dülmen in Westfalen, oft „Dülmener“ genannt. In dieser Wildbahn wurden seit Jahrhunderten zähe, kleine Ponys gezüchtet.
Der Herzog Engelbert von Arenberg war seit 1903 Besitzer des Schloss Nordkirchen im Münsterland und etablierte ab 1923, ähnlich wie der Herzog von Croy, um diese Güter herum eine Wildbahnzucht von Kleinpferden. Die Basis waren dabei Panje-Stuten aus Osteuropa, eine dem Konik ähnliches, anspruchsloses Pferd und Dülmener Hengste. Zuchtziel war ein zähes, aber elegantes, leichtes Pony mit guten Reiteigenschaften.
Die Zucht des „Arenberg-Nordkirchner Sport- und Reitpony“ profitierte vom Aufschwung der Ponyzucht in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die Tiere waren durch ihre Herkunft gesunde, robuste Pferde. Die Rasse konsolidierte sich durch eine relativ schmale Zuchtbasis von bis zu 40 Stuten recht schnell. Bis 1968 wurde die Zucht vom Herzog von Arenberg weiterbetrieben und dann der Bestand an Herrn Orthmann verkauft. Dieser löste den Bestand 1984 auf, die verbliebenen Pferde gingen hauptsächlich an Besitzer in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. In den letzten Jahren der organisierten Zucht von Herr Orthmann wurden auch Welsh-Pony-Hengste der Sektion B eingesetzt.
In der Zwischenzeit waren bereits einige der Pferde der Arenberg-Nordkirchner beim Aufbau der Rasse „Deutsches Reitpony“ beteiligt. Das Buch „Deutsche Pferdezucht“ des FN-Verlages, 1994, beschreibt das so: „Diese Wildbahnponys aus (…) Nordkirchen bilden (…) eine wertvolle Grundlage für die Zucht einer unserer besten und schönsten Ponyrassen – dem aus Westfalen stammenden Anteils des Deutschen Reitponys“.
Erscheinungsbild und aktuelle Situation
Arenberg-Nordkirchner Ponys sind langlebige, nervenstarke Ponys, die gut für den Reit- und Fahrsport geeignet sind. Sie zeigen einen ausdrucksvollen Kopf, einen wenig ausgeprägten Widerrist und ein trockenes Fundament bei einer Größe von 132 – 140 cm. Sie sind damit größer als Dülmener, stellen eher ein kleineres „Deutsches Reitpony“ dar und sind edler und feiner als Dülmener und Lehmkuhlener Pony. Die Tiere sind oftmals braun oder dunkelbraun, aber auch Füchse, Schimmel, Rappen und Falben kommen vor.
Nach dem Ende der Stammzucht bei Nordkirchen 1984 kamen die Tiere an viele Besitzer, die teilweise weiterhin mit den Pferden züchteten. Deshalb ging die Rasse weitgehend in andere Ponyzuchten auf, insbesondere im „Deutschem Reitpony“. Einige wenige Züchter versuchten die Genetik der Rasse weiter zu erhalten, so dass es heute noch wenige Kleinbestände mit Hengsten und Stuten gibt, die allerdings schon recht alt sind. Mit diesen Tieren wird jedoch aktuell nicht gezüchtet, was auch der Situation auf dem Pferdemarkt geschuldet ist.
Durch diese Entwicklung sind die Arenberg-Nordkirchner heute keine offiziell geführte Rasse mehr. Die Broschüre „Einheimische Nutztierrassen in Deutschland und Rote Liste der gefährdeten Nutztierrassen 2017“, herausgegeben vom BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung), erwähnt sie nicht einmal. Selbst Pferdefachleuten ist diese Rasse nicht immer geläufig. Die GEH (Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e. V.) sieht die Arenberg-Nordkirchner jedoch als wertvolles Kulturgut an und hat sie in ihrer „Rote Liste der gefährdeten Nutztierrassen in Deutschland“ (Ausgabe 2018) in Kategorie I „extrem gefährdet“ eingestuft. Die GEH (www.g-e-h.de) bietet auch eine Pferdebroschüre mit einer Rassebeschreibung der Arenberg-Nordkirchner an, die unter 05542/1864 oder info@g-e-h.de bestellt werden kann.
Aufruf zum Rasseerhalt
Wegen der sehr geringen Tierzahlen ist der Erhalt dieser Rasse schwierig. Allerdings befinden sich in der Rasse „Deutsches Reitpony“ viele Tiere, die auf Arenberg-Nordkirchner Stuten oder Hengste zurückgehen. Vielfach sind dies hochwertige, im Turniersport erfolgreiche Pferde. Diese werden jedoch nicht gezielt angepaart, da vielen die Rasse nicht bekannt ist und der Rasseerhalt keine Rolle spielt. Wir wollen deshalb die Halter und Züchter von Ponys, insbesondere des „Deutschen Reitponys“, aufrufen, nach Arenberg-Nordkirchner Vorfahren ihrer Pferde zu suchen. Diese befinden sich meist vor der dritten Generation.
Folgende Pferde wurden in den letzten Jahrzehnten eingesetzt, die der Rasse Arenberg-Nordkirchner zugerechnet werden können (kursiv: Pferde, mit denen vor ca. 20 Jahren noch aktiv gezüchtet wurde, normal: ältere Pferde):
Hengste: Nachtflug, Nansen, Nantano, Nautilus, Nordlicht, Peter, Atair, Der feine Lord, Focus C, Niebelungenheld, Sesam, Witzbold
Stuten: Novalis, Rebecca, Rosette, Sabinchen, Amsel, AMD Naomi, Bienchen, Candra, Drossel, Fee, Mandarin, Niebelungenheldin, Niegelungenlied, Nikita, Nobless, N-Picolina, Palette, Pandora, Pimpinella, Sarina
Halter solcher Pferde oder andere Interessenten am Erhalt dieser Rasse können sich melden unter erwin.schmidbauer@gmx.de oder 09625/786. Ziel ist die Gründung einer „Interessengemeinschaft Arenberg-Nordkirchner“, der die Halter von Tieren mit passender Abstammung zusammenführt und eine geordnete Zucht der Rasse wieder aufnehmen soll.