Text: Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) Foto: Kube
Das Altwürttemberger Pferd wird im Jahr 2018 von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) zur „Gefährdeten Nutztierrasse des Jahres“ ernannt. Es ist als extrem gefährdet eingestuft, und soll in diesem Jahr im Mittelpunkt stehen, gleichzeitig aber auch auf die Situation gefährdeter Nutztiere allgemein aufmerksam machen. Früher vielseitig in der Landwirtschaft eingesetzt sowie geritten und gefahren und auch im Militär genutzt, werden Pferde heute hauptsächlich zu (freizeit-) sportlichen Zwecken gehalten. Auf der Roten Liste der GEH stehen insgesamt 174 gefährdete Nutztierrassen. Darunter sind 16 Pferderassen, davon drei Kaltblutrassen, sieben Warmblutrassen und sechs Ponyrassen.
Einst als „Herr und Bauer“ bezeichnet, zeigte das Altwürttemberger Pferd werktags seine Stärken in der Landwirtschaft und wurde am Sonntag vor die Kutsche gespannt oder geritten. Für diese vielseitige Nutzung war ein kräftiges, ruhiges, ausdauerndes und anspruchsloses Warmblutpferd vonnöten. Durch den steigenden Einsatz von Maschinen in der Landwirtschaft sank die Nachfrage nach Arbeitspferden ab 1950 rapide. Dem entgegen änderte sich in den fünfziger und sechziger Jahren der Käuferwunsch hin zu einem feineren Reitmodell. Durch Einkreuzung verschiedener Hengste aus Ostpreußen begann eine entsprechende Umzüchtung.
Zuchtgeschichte
Im Februar 1988 wurde, sozusagen in letzter Minute, der „Verein zur Erhaltung des Altwürttemberger Pferdes e.V.“ gegründet, der sich für die Erhaltung des ursprünglichen Typs einsetzt. Damals wurden noch lebende Stuten mit mindestens 50% Blutanteil erfasst. Während noch eine Reihe von fruchtbaren und gesunden Stuten zur Verfügung stand, konnte auf keinen einzigen reingezogenen Hengst zurückgegriffen werden. Daher kamen neben den beiden noch vorhandenen Hengsten mit Altwürttemberger Vorfahren Deckhengste des Schweren Warmbluts zum Einsatz, um die fortan als Altwürttemberger Pferde bezeichnete Rasse neu aufzubauen. Das im feinen Reitpferde-Typ weiter gezüchtete württembergische Warmblut ist heute als Deutsches Reitpferd bekannt. Mit Blick auf die Wiederbelebung des ursprünglich gezüchteten Typs konnte bereits 1992 ein erster Erfolg verzeichnet werden, mit dem Hengst Sorent, Sohn einer noch reingezogenen Stute, stand wieder der erste Altwürttemberger Hengst im Deckeinsatz. Ihn zeichnete eine hervorragende Fruchtbarkeit aus. Seine guten Fohlen zeigen Linie und Kaliber.
Eigenschaften und Eignung
Entgegen des Trends hin zu immer hochblütigeren und feineren Reitpferden konnten die Altwürttemberger als elegante, kraftvolle, gesunde und widerstandsfähige Pferde mit vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten erhalten bleiben. Dabei zeichnet sich der Altwürttemberger durch Ehrgeiz, Arbeitswillen und Gutmütigkeit aus, er ist nervenstark bei dennoch lebhaftem Temperament. Als echtes Allroundtalent eignet er sich als zuverlässiger Freizeitpartner, als unerschütterliches Therapiepferd, im Voltigiersport aber auch auf Breitensportveranstaltungen und ist auch im Turniersport bis Klasse L zu finden. Im Gangvermögen steht es der modernen Reitpferdezucht nicht nach.
Bei einer Größe von 155 bis 165 cm Wiederristhöhe (bei Hengsten unter 170 cm) ist das Gebäude mittelschwer mit genügend Kaliber und einem kräftigen Halt im sogenannten Cobtyp. Der Altwürttemberger verfügt über harte Hufe und zeigt einen raumgreifenden Schritt und schwungvollen Trab. Es kommen überwiegend Braune, Rappen und Füchse vor, Schimmel sind selten.
Aktueller Bestand
Gegenwärtig umfasst die Altwürttemberger Population 45 eingetragene Stuten, denen noch etwa 60 nachgezogene jüngere Stuten zuzurechnen sind. Sechs eingetragene Hengste aus vier verschiedenen Linien stehen der Zucht zur Verfügung. Diese Zahl erscheint in Bezug auf die Zahl der Stuten hoch, ist aber angebracht, um weiteren Genverlust in einer kleinen Population zu vermeiden.
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